Jeghische Tscharenz: Persönliche Weise

Nachdichtung von տաղ անձնական (Չարենց)

In Kars ließ ich am Flussufer mein Haus aus unbehauenem Stein,
Ich verließ Kars, den Karser Park und den blauen Himmel der Heimat
Und Karine Kotantchyan, der ich dieses Mal nicht sagte: Mach’s gut –
Ohne diesen letzten Gruß gehe ich nun durch fremde Städte.

Ohne diesen letzten Gruß gehe ich und bin umgeben von Menschen, tausenden und abertausenden Gesichtern,
Um mich herum lärmt die Welt, das ungleiche menschliche Leben,
Wer wird sagen, warum du, und wer wird sagen, wohin du kommst
Die Gesichter, ach, sind so stumpf, als seien sie mit Äxten geschlagen.

Dieses Leben scheint ein graues, lahmes und irres Lied.
Dieses Leben scheint die offene Wunde im Herz eines Menschen.
Und für wen, für wen jetzt dieses sehnsuchtsvolle Lied?
Mein Herz ist gefüllt mit dem Zinn und Blei der Jahre.

Und um mich lass diese bucklige Welt lachen, sich auflösen,
Ich – verkrüppelt und irr und ein ewig Fliehender
Muss zum Himmel gehen, an den Rande Amenthes –
Meinen hohen, alten und sternigen Weg der Träume

Und mein Herz vergibt nun alle Sünden,
Ich muss mich entfernen auf ewig, muss gehen, meine Augen schon in der Ferne,
Und wenn Ihr Karine Kotantchyan auf den Straßen von Kars seht –
Sagt ihr, Tscharenz wollte sagen: Mach’s gut, mach’s gut …
1919

 

Von Wiebke Zollmann

Schreibt, übersetzt, fotografiert. Absolventin des Schweizerischen Literaturinstituts. Mentorin bei Online-Literaturmentorat. Texterin & Fotografin für The Naghash Ensemble aus Armenien