Donnerstag, 2. Dezember 2010. Die Sonne scheint, scheint seit Monaten. Mitte Oktober ist der letzte Regen in Yerevan gefallen.
Eine Gruppe Menschen, von denen viele nicht wissen, wofür sie auf die Straße gehen, zieht am Nachmittag durch die Innenstadt. Ihr Feinbild: Emos. Junge Menschen, die sich der Subkultur Emo angeschlossen haben – und denen man jetzt unterstellt, sie seien eine Gefahr für die Gesellschaft. Schwarze Kleidung kombiniert mit greller Farbe, gern rosa, ein schräger Pony, der ins Gesicht hängt, Buttons, die Füße in Chucks und Vans. Entdecke das Mädchen in dir, titelt der Spiegel in Deutschland sein Portrait von jener Kultur, der gewissermaßen die Kanten fehlt, anhand derer man sie definieren könnte. Gefühlszugewand und offen, so das Selbstbild – auch mal weinen dürfen – Emotional Rock hören und schon ist Mensch Emo. Wer in Deutschland unbedacht den New Yorker leerkauft, entspricht schon der optischen Definition. Etwas, wofür er in Armenien verhaftet werden könnte, denn Emos gefährdeten die Gesellschaft – durch Selbstmord und Perversionen, so die Unterstellung. Während in Deutschland zahlreiche Witze kursieren und der Spott über die Bewegung mehr Bedeutung hat, als sein eigentliches Objekt, nimmt die Polizei in Armenien die Emos äußerst ernst, sie nimmt sie nicht nur ernst sondern auch fest und verhört sie. Menschen, die aussehen wie Emo. Wobei: In direktem Zusammenhang stehe die steigende Rate der Selbstmordversuche unter Minderjährigen (25 statt 23 im Vorjahr) laut der Polizei nicht. Bleibt: Emo – ein Beinaheverbrechen, auch bekannt als: Die Perversion aus dem Ausland.
Quellen: ArmeniaNow, ArmeniaNow