Wie riecht Glück? So!

»Wie riecht Glück?«, fragt ein Journalist die Hunde auf dem Betonplatz am See. Er gibt ihnen eine Blume in die Pfote. Sobald die Hunde  nachdenken, eilt er zu seiner Kamera, schaut auf das sonnenverblendete Display  und reckt einen Daumen in die Luft.

»Glück«, sagt ein Hund, »riecht nach türkischem Mokka mit zwei Stücken Zucker und es fühlt sich an, wie wenn man einen zu gierigen Schluck nimmt und den Satz im Mund hat, drauf beißt und sich fragt, ob er wacher macht als die schwarze Brühe allein.«

»Nach Tierspital«, sagt eine Hündin. »Wenn man sich fest wünscht, man könnte etwas entfernen, das in einem ist. Wie einen Tumor oder Krebszellen, aber dieses Etwas ist ortslos. Oder überall. Man kann es nicht rausschneiden, nicht verstrahlen, nicht einmal daran sterben. Es tut nichts. Es ist einfach da. Da, da, da und es schaut aus dem Spiegel.
Wenn das weg ginge, das wär Glück.«

Ein letzter Hund schüttelt sich voller Abscheu. Er erinnert den Journalisten an einen Spatzen, der erschrickt, weil er sich auf einen Kindergeburtstag verirrt hat, gleichsam aber die Menschen zu gut kennt, als dass er um sein Leben fürchtete. Der Hund sieht den Journalisten an, kurz, dann durch ihn hindurch – und er löst sich aus seinem Tag wie ein ausgewaschener Fleck.

Von Wiebke Zollmann

Schreibt, übersetzt, fotografiert. Absolventin des Schweizerischen Literaturinstituts. Mentorin bei Online-Literaturmentorat. Texterin & Fotografin für The Naghash Ensemble aus Armenien