wolkenriss

mittags ein wolkenriss mit der brutalität
einer milzruptur. lichtflut, das gleißende
weiß eines tisches und die spieglung
meines körpers im fensterglas, überall
feigenkerne: ein rot senf
gelb bis violettes bildrauschen
nach dem sonnengehasch, ebenso
plötzlich wie der wolkenriss
seine heilung: neues grau
verschliertes licht.

#bielerwettergedicht

normgrau

der ausblick grau gestreift,
dass es scheint, es sei schnee
schon im september, die stadt
eisfarbig verschliert,

dazu ein stetes rauschen

– einer sagt: jetzt beginnen die sechs
normgrauen monate, eine andere:
da siehst du ein halbes jahr keine sonne –

ein wind, sein plötzlicher regenwurf
gegen die fenster in meinem rücken,
durch rahmen und undichtungen
trieft sauberer schweizer regen,
sammelt sich in den zwischen=
brettern, weicht sie auf, zieht
kleine fäulnisseen

und der sommer verreckt

im pladdern zwischen see,
hang und kronen.

#bielerwettergedicht

Von Wiebke Zollmann

Schreibt, übersetzt, fotografiert. Absolventin des Schweizerischen Literaturinstituts. Mentorin bei Online-Literaturmentorat. Texterin & Fotografin für The Naghash Ensemble aus Armenien