Hovhannes Grigoryan. Eine Übersetzung

Im Gedenken an Hovhannes Grigoryan, gestorben am 7. Februar 2013.

Ich weiß:
Ich werde am ersten Tag eines Winters sterben.
Die Menschen werden die schneebedeckten Füße abklopfen
auf dem Wischlappen der Türschwelle und staunend werden sie sehen,
wie der Schnee auf meiner kalten Wange schmilzt.
Meine plötzlich gealterte Frau wird suchen
und die Ofenzange nicht finden,
um die längst verstorbene Katze aus dem Raum zu bringen,
danach wird sie sich verzweifelt setzen, den Kopf schütteln,
niedergeschlagen, ob dieser seltsamen Katze und meines unbedachten Schritts.
Meine Schwester, die nach mir geboren wurde und einige Stunden später stirbt,
wird den frierenden Gästen Tee ausschenken
und mit der freien Hand
auf meine Brust deuten, die beladen ist mit Winterblumen und einer schiefen Kerze,
deren geschmolzene Tropfen gerade auf meine Stirn rinnen
und in meine Augen hinein … und genau in diesem Moment
werden alle auf einmal am Fuß heraustreten und ein Lärm –
mit einem Heulen werden sie mich aus dem Haus bringen
hoch auf ihren Händen tragen, sehr hoch
und aus dieser Höhe werde ich mein Leben von Anfang bis Ende sehen,
was darunter geblieben ist, unter dem ganzen Schnee verloren,
und durch diesen wunderbaren Anblick versteinert, verstummt
finde ich für meine Bewunderung kein Wort.

Von Wiebke Zollmann

Schreibt, übersetzt, fotografiert. Absolventin des Schweizerischen Literaturinstituts. Mentorin bei Online-Literaturmentorat. Texterin & Fotografin für The Naghash Ensemble aus Armenien